Die weltweit verbreitete Montessori-Pädagogik ist ein bewährtes pädagogisches Konzept, das von der Frühpädagogik bis zur Berufseingliederung reicht. Sie begreift das Kind und den Jugendlichen in seiner individuellen lebensweltlichen Ganzheit und in seiner ökologischen Vernetzung. Damit legt sie das Fundament der Erziehung und Bildung einer lebenstüchtigen Persönlichkeit.
Im Mittelpunkt stehen bei Maria Montessori die Stadien der Persönlichkeitsentwicklung. Wichtig ist hierbei, die Entwicklungsdifferenzen von Kindern zu erkennen, die mit dem Alter zunehmen:
- intrapersonale Entwicklungsdifferenzen, z. B. teilweise um Jahre unterschiedliche Leistungsbereiche wie Sprache, Intelligenz usw.
- interpersonale Entwicklungsdifferenzen, wie bei Geschlecht und sozialer Herkunft.
Montessori beobachtete intensiv die lernpsychologischen Grundlagen von Kindern, die Wissenschaftler seitdem immer wieder bestätigen:
- originäre Lernfreude und Lernbegierde aller Kinder
- das Kind als „Baumeister seiner selbst“
- die „Polarisation der Aufmerksamkeit“ als Voraussetzung für effektives Lernen
- unterschiedliche, wechselnde, entwicklungsabhängige Lerninteressen/-empfänglichkeiten („sensible Lernphasen“).
Ausgehend von diesen Erkenntnissen verfolgte sie als Zielsetzung, ein selbstständiges, selbstbestimmtes Lernen „vom Kinde aus“ zu verwirklichen. Hierbei sollen die soziale, ethische und demokratische Verantwortung des Individuums aktiviert und das Potential eines jeden Kindes umfassend entwickelt werden.
„Hilf mir, es selbst zu tun!“
(Maria Montessori)
So entstanden die wesentlichen Prinzipien der Montessori-Pädagogik, die grundsätzlich von der Frühpädagogik bis zur Sekundarstufe gelten und als „Bündel“ angesehen werden müssen, um erfolgreich zu sein:
- Jahrgangsmischung in den Lerngruppen
- „Freie Wahl der Arbeit“
- altersstufengerechte vorbereitete Lernumgebung, inklusive speziellem Montessori-Material
- besondere Rolle des Erziehers/Lehrers – mit personaler Verantwortung für das Kind
- ausführliche Dokumentation des Lern- und Entwicklungsprozesses.
Montessori-Einrichtungen sollen für alle Kinder offen sein und insbesondere Schwerpunkte für soziales Lernen und Persönlichkeitsentwicklung sowie zur Umwelt-, Friedens- und Gerechtigkeitserziehung setzen. Wichtig ist an Schulen, dass die vielfältig vorhandenen Entwicklungsdifferenzen aufgefangen werden können. Hieraus resultiert die entscheidende Bedeutung der „vorbereiteten Umgebung“ und der Altersmischung, weil Differenzen damit nicht nur aufgefangen, sondern auch ausgeglichen werden können. Außerdem sind die Differenzen als kognitive sowie sozialemotionale Motivation pädagogisch wertvoll.
Langes gemeinsames Lernen ist keine neue Erkenntnis, sondern in der Montessori-Pädagogik eine Selbstverständlichkeit. Ideal ist eine gemeinsame Trägerschaft von Kindertagesstätte, Grundschule und weiterführender Schule. Bei Montessori-Lehrer*innen sind besondere pädagogische Beobachtungs- und Problemlösungsfähigkeiten sowie charakterliche und ethische Grundeinstellungen wichtig. Die Basis hierfür legt u. a. eine umfassende Montessori-Zusatzausbildung.
Die beschriebenen Prinzipien werden weltweit erfolgreich umgesetzt, so auch in Deutschland. Sie in der Praxis konsequent umzusetzen stellt wegen gesetzlicher und behördlicher Einschränkungen häufig eine große Herausforderung dar. Es gibt viele Beispiele in verschiedenen Bundesländern, die die Machbarkeit demonstrieren, doch wäre ein größerer pädagogischer Gestaltungsspielraum für Schulen wichtig.